• NEWS
  • Donnerstag 30.10.2025 22:32

    TRYOUT! SiteSpecific 17.05.25 - 15:00, Wasserkirche Zürich

    TRYOUT! SiteSpecific in collaboration with Zürich Tanzt
    A site-specific exploration of “Arche 2.0” in the “Wasserkirche” in Niederdorf Zurich

    Performance: May 17, 2025 - “Arche 2.0” “Wasserkirche” Niederdorf Zurich, Zürich Tanzt

    Performance Info: https://zuerichtanzt.ch/programm/tryout-site-specific-3/

    TanzLOBBY IG Tanz Zürich has been offering uncurated performance formats for years as an experimental platform for initial or innovative choreographic works. Once a year, we go out into the public space because we want to bring dance to the people together with “Zürich Tanzt”. This year, “Arche 2.0” in the “Wasserkirche” in Niederdorf offers us an ideal playground for exploring the interactions between bodies in motion, the environment and the audience. The nave of the “Wasserkirche” is currently home to a ship entitled “Arche 2.0”, which can be used in the TRYOUT! SiteSpecific to perform on and around. “Arche 2.0” was built as a symbol of our times. The ship is intended to stand for a new beginning and as an anchor of hope in times of unrest and lack of prospects.
    (more infos here: https://www.wasserkirche.ch/-4/home~2782/-aktuell- artikel~3231/arche-20/89835/)

    Participating artists will have three rehearsal days on site. On the morning of the third day, a rehearsal will take place, followed by feedback from the professional Outside Eyes Tomer Zirkilevich and a discussion with the other artists (groups). This feedback round gives the participating dance makers the opportunity to reflect their creation and try out the inputs during the performance. The performance takes place as part of Zürich Tanzt, is listed in the festival program and is open to the public.

  • Freitag 10.10.2025 15:51

    TRYOUT! SiteSpecific 17.05.25 - 15:00, Wasserkirche Zürich

    TRYOUT! SiteSpecific in Kollaboration mit Zürich Tanzt
    Eine ortsspezifische Auseinandersetzung mit der «Arche 2.0» in der Wasserkirche im Niederdorf Zürich

    Performance: 17. Mai 2025 – «Arche 2.0» Wasserkirche im Niederdorf Zürich, Zürich Tanzt
    Info: https://zuerichtanzt.ch/programm/tryout-site-specific-3/

    Die TanzLOBBY IG Tanz Zürich bietet seit Jahren unkuratierte Aufführungsformate an, als Versuchsplattform für erste oder neuartige choreografische Arbeiten. Einmal im Jahr gehen wir in den öffentlichen Raum, weil wird den Tanz gemeinsam mit «Zürich Tanzt» zu den Menschen bringen wollen. Dieses Jahr bietet uns die «Arche 2.0» in der Wasserkirche im Niederdorf ein idealer Spielplatz zum Erforschen der Wechselwirkungen zwischen Körper in Bewegung, Umgebung und Publikum. Das Kirchenschiff der Wasserkirche beherbergt momentan ein Schiff unter dem Titel «Arche 2.0», welches im TRYOUT! SiteSpecific bespielt werden darf. Die «Arche 2.0» wurde als ein Symbol für unsere Zeit gebaut. Das Schiff soll für einen neuen Anfang und als Hoffnungsanker in Zeiten der Unruhe und Perspektivenlosigkeit stehen.
    (mehr dazu hier: https://www.wasserkirche.ch/-4/home~2782/-aktuell-artikel~3231/arche-20/89835/)

    Den Teilnehmenden Künstler:innen stehen drei Probetage vor Ort zur Verfügung. Am Vormittag des dritten Tages wird ein Probedurchlauf stattfinden mit anschliessendem Feedback des professionellen Outside Eyes Tomer Zirkilevich und Austauschgespräch mit den anderen Künstler:innen(gruppen). Diese Feedbackrunde gibt den teilnehmenden Tanzschaffenden die Möglichkeit ihre Kreation zu reflektieren und gegebenenfalls die Inputs während der Performance auszuprobieren. Die Performance findet im Rahmen von Zürich Tanzt statt, ist im Programm dieses Festivals aufgeführt und öffentlich zugänglich.

  • Donnerstag 30.10.2025 22:33

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  • Mittwoch 10.06.2026 09:13

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    • Kulturpolitik

      Wir engangieren uns in der Zürcher Kulturpolitik. Pflegen den Austausch mit Institutionen wie der Gessneralle, dem Tanzhaus Zürich, Danse Suisse und Reso und arbeiten proaktiv in kleinen Arbeitsgruppen.

      Aktuell ist die TanzLOBBY IG Tanz Teil der AG Leistungsvereinbarung für die Entwicklung des Konzeptfördermodells der Stadt Zürich. 
      Interesse selbst kulturpoltisch aktiv zu werden? Dann melde dich bei uns. 

      E-Mail: office AT tanzlobby DOT ch

    • TRYOUT!

      TRYOUT! ist eine unkuratierte Versuchs- und Feedback Plattform für professionelle Zürcher Tanzschaffende, die planen in Zürich zu produzieren. TRYOUT! ermöglicht Zürcher Tanzschaffenden die sich in einer Recherche befinden oder an einem konkreten Konzept arbeiten eine Plattform, um erste Ergebnisse, Problemstellungen, konzeptuelle Fragen oder Ideen vor Publikum zu erproben.
      Die Tanzschaffenden bekommen ein Feedbackgespräch mit erfahrenen Mentor*innen aus der Zürcher Tanzszene, sowie eine Dokumentation in Form von professionellem Bild- und Videomaterial. Die Plattform findet viermaljährlich  an anerkannten Zürcher Spielstätten für Tanz darunter das Tanzhaus Zürich, die Gessnerallee, die Rote Fabrik und das Festival Zürich tanzt! oder alternativen Aufführungsorten.TRYOUT! bietet Zürcher Tanzschaffenden Vernetzung mit Zürcher Spielstätten für Tanz, sowie Vernetzung innerhalb der Szene. 

      Befindest du dich gerade mit einer tanzkünstlerischen Arbeit im Prozess? Interessierst du dich für die TRYOUT! Plattform 2022? 
      Dann schreibe ein Mail an: sennhauser.dina@gmail.com 

      Wir freuen uns über deine Kontaktaufnahme! 

    • Workshops

      Die Tanzlobby bietet Workshops für ihre Mitglieder an, die Lücken füllen im Angebot von Institutionen und Privaten.
      Wir informieren über unseren Newsletter über das aktuelle Workshopangebot. 


    • Tanznachtisch

      Gemeinsam Stücke schauen und verdauen! Wir wollen den inhaltlichen Austausch über Stücke von Zürcher Gruppen fördern. So besuchen wir ausgewählte Stücke* und treffen uns direkt im Anschluss zu einem moderierten Gespräch. Zusätzlich schreiben unsere Moderatorinnen über das Erlebte. Vergangene Texte sind in der Rubrik "Aufführungsimpressionen" zu finden.

      Wir informieren über unseren Newsletter über aktuelle Tanznachtische!

       

  • Infoportal
    • Verbände & Netzwerke

      Danse suisse - Berufsverband Schweizer Tanzschaffende
      Reso - Tanznetzwerk Schweiz 
      Tanz in Winterthur - Tanzschaffen in Winterthur 
      IG Tanz Ost - Tanzschaffen Ostschweiz / Lichtenstein 
      Tanzbüro Basel - Tanzschaffen Region Basel
      IG Tanz -  Tanzschaffen Region St. Gallen
      BETA - Tanzschaffen Region Bern
      IGTZ - Tanzschaffen Region Zentralschweiz
      AVDC - Tanzschaffen Region Lausanne
      RP - Tanzschaffen Region Genf
      Action Danse - Tanzschaffen Region Fribourg
      SSDUK - Umschulungsstiftung

    • Institutionen
       
      Tanzhaus Zürich 
      Rote Fabrik Zürich 
      Theaterhaus Gessnerallee 
      Theater Neumarkt 
      Kulturhaus Helferei 
      Kulturmarkt Zürich 
       
    • Plattformen
      SHOW OFF - Kurzstückplattform Tanzhaus Zürich 
      TRYOUT! - unkuratierte experimentier Plattform TanzLOBBY IG TANZ ZÜRICH
      PREMIO - Nachwuchspreis für Tanz & Theater Zürich 
       
       
       
    • Festivals

      Zürich Moves - Festival für zeitgenössischen Tanz im Tanzhaus
      Theater Spektaktel - Festival für Theater und Tanz
      Festspiele Zürich - Festival für Theater und Tanz
      Tanzfest - Festival für Tanz in über 30 Städten der Schwez
      Zürich tanzt!- Das Tanzfest in Zürich 
      Tanz Festival Winterthur - Festival für zeitgenössischen Tanz

    • Tanzförderung

      Stadt Zürich Kulturförderung Tanz  städtische Förderung 
      Kanton Zürich Kulturförderung Tanz  - kantonale Förderung 
      Pro Helvetia Kulturörderung Tanz  - nationale und globale Förderung 

      Fundraiso - Suchportal für Stiftungen 
      Stiftung Schweiz - Suchportal für Stiftungen 
      Kulturförderung - Suchportal für Stiftungen 

       

    • Produktion

      ArtFAQ - kostenlose Produktionsberatung 

    • Profitraining
       
      Tanzhaus Zürich - Zeitgenössisch, Ballett 
      Tanzwerk 101 - Zeitgenössisch, Ballett, Conemporary Jazz  
      Opernhaus Zürich - Ballett 
      Off Dance - Ballett, Zeitgenössisch
       

       

    • Proberäume

      Kulturhaus Helferei 
      Rote Fabrik Zürich
      Jugendkulturhaus Dynamo
      OFF DANCE

       

    • Ausbildung
       
      Master Dance Choreography - ZHdK 
      Bachelor Contemporary Dance - ZHdK 
      Klassisch - akademische Tanzausbildung Tanzakademie Zürich - ZHdK
      Bachelor Urban & Contemporary- Dance HF Bühnentanz 
       
       
       
       
    • Vorsorge & Rechtliches
      Cast - Pensionskasse für freischaffende KünstlerInnen
      Schweizer Bühnenkünstler Verband SBKV - rechtliche Beratungen
      Dance Transition - Schweizerischer Verband für die Neuorientierung professioneller TänzerInnen
      Kulturmarkt Coaching & Weiterbildung - Arbeitslosenzeit konstruktiv und produktiv genutzt
      SSUDK - Schweizerische Stiftung für die Umschulung von darstellenden Künstler*innen
       
  • Über
    • Verein

      Geschichte - TanzLOBBY IG Tanz Zürich 
      Leitbild - TanzLOBBY IG Tanz Zürich 
      Statuten - TanzLOBBY IG Tanz Zürich 
      Jahresbericht - TanzLOBBY IG Tanz Zürich 

    • Vorstand

      Marie Alexis – Ressort: Newsletter, Politik & Vernetzung
      E - Mail: office AT tanzlobby DOT ch

      Lyn Bentschik – Ressort: Social Media
      E - Mail: socialmedia AT tanzlobby DOT ch

      Isabella Crescini – Ressort Buchhaltung, Mitgliederwesen
      E - Mail: admin@tanzlobby.ch

      Julia Heinrichs – Ressort: Politik & Vernetzung
      E - Mail: info AT tanzlobby DOT ch 

      Tina Mantel – Ressort: Tanznachtisch, Workshop
      E - Mail: info AT tanzlobby DOT ch

    • Mitglieder

      Alexandra Bachzetsis - Choreographer & Visual Artist
      Andrea Maciel - Choreographer, dancer & teacher
      Angela Stöcklin - Tänzerin & Choreografin 
      Anne - Sophie Fenner - Choreografin  
      Brigitta Erismann - Tanzpädagogin 
      Brigitta Schrepfer - Tänzerin, Choreografin & Dozentin 
      Bruno Catalano - Tänzer, Choreograf 
      Cecile Baumann Arnold- Tänzerin & Therapeutin in Alexander Technik 
      Christiane Loch - Tänzerin, Darstellerin, Choreografin & Tanzpädagogin 
      Daniel Hellmann - Tanz - & Theaterschaffender, Sänger, Performer 
      David Schwindling - Tänzer & Choreograf 
      Did Schaffer - Choreografin
      Dorothea Rust - Performerin, Interpretin, Organisatorin 
      Gaetano Sibilia - Tänzer & Choreograf 
      Guillaume Guilherme - Vermittler & Performance Künstler 
      Isabella Crescini - Tänzerin, Choreografin, Pädagogin
      Judith Koch - Tanzschaffende, Pädagogin, Ethnologin 
      Julia Medugno - Tänzerin, Choreografin & Pädagogin 
      Lyn Bentschik - Tänzer*in & Performer*in & Choreograph*in 
      Margret Spaar - Tänzerin, Choreografin, Pädagogoin 
      Marie Alexis - Tänzerin, Performerin & Choreografin 
      Marine Besnard - Tänzerin & Choreografin
      Martin Schick- Performer, Performance - Macher, Choroegraf, Kurator, Autor & Aktivist
      Nadine Schwarz - Tänzerin & Choreografin 
      Nadine Sieber - Tänzerin, Choreografin & Pädagogin 
      Ronja Römmelt - Video- und Performancekünstlerin, Tanzwissenschaftlerin
      Sandra Zurfluh - Tänzerin & Choreografin
      Silvano Mozzini- Tänzer, Darsteller, Choreograf & Tanzpädagoge 
      Simone Aughterlony - Choreografin & Performancekünstlerin
      TeKi TeKua - Companie 
      Thomas Péronnet- Bewegungskünstler, Choreograf, Poduktionsmanager, Initiant
      Tina Mantel - Tänzerin, Choreografin & Pädagogin 
      Valerie Reding - Tänzerin & Choreografin 
      Verena Weiss - Choreografin & Konzepte

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      Wir freuen uns über deinen Beitrag!
       

  • Aufführungsimpressionen
    • Slow Burn

      Aufführungsimpression, Tanznachtisch der TanzLOBBY IG Tanz Zürich, Gessnerallee 15.5. 2022

      Slowburn / Benjamin Burger

      Slow listening - so lautet ein Artikel der australischen Theaterwissenschaftlerin Helena Grehan. Langsames Zuhören „(…) requires the listener to pause and pay attention, or to tune-in to the mode of address, the scene, gesture and tone, the language used and the broader political or social context within which the speaking occurs. It is an act in which the listener is attuned to the speaker in a way that makes room for a range of responses – the possibility of deep understanding and agreement, for partial acceptance, for dissonance or disagreement as well as for misunderstanding.“

      Innehalten, aufmerksam-sein, sich einschwingen auf das Gegenüber, auf die Szene, Gesten (Körper), Sprache, Töne. Sich dem Gegenüber öffnen, Möglichkeiten schaffen, für tiefes Verständnis und Einvernehmen, für Teil-verständnis, aber auch für Ablehnung und Unverständnis. Aber vor allem, sich dem Gegenüber Zuwenden.
      Obwohl es im oben genannten Zitat offensichtlich primär ums Zuhören, also um eine auditive Erfahrung und weniger um das Zuschauen geht, soll die Idee des achtsamen Zuhörens auf die Betrachtung, das Erleben eines performativen Bühnenstückes übertragen werden.
      Benjamin Burgers Slowburn, ein ca. 60 minütiges Stück, welches sich zur Aufgabe gemacht hat, Britney Spears’ Song ‚Toxic’ (2003) und die dazugehörige Bühnenchoreographie 16-fach verlangsamt auf die Bühne zu bringen, stellt sich mit dieser choreografischen Versuchsanordnung entschieden gegen das Tempo unserer Zeit. Gleichzeitig ist es in gewisser Weise auch eine Befragung an den Song, an die Choreografie Britney Spears selber. Was passiert mit einem Popsong der 00-Jahre mitsamt seinem pop-kulturellen Kontext, wenn dieser ein vielfaches verlangsamt rekonstruiert wird?
      Das Setting: Ein fast leerer rechteckiger Raum von ca. 150m2 Grösse, durchzogen von einigen Holzsäulen. Mittig eine kreisrunde Anordnung von in gleichem Abstand herabhängenden Lichtröhren, die, raumgestaltend, eine eigene Stimme im Stück übernehmen und, wie auch der leichte Nebel in der Luft, die Atmosphäre im Raum beeinflussen. Es dominiert die Farbe weiss am Boden, an Wänden, auch die Holzsäulen sind hell.  Wir treten ein in eine zeitlich, wie räumlich entrückte Bühnenwelt. Das Publikum sitzt - ohne Schuhe - am Boden, verteilt zu allen vier Seiten. Zwei Performer (Benjamin Burger/ Benjamin Spinnler), eine Performerin (Marie Popall) allesamt in Turnschuhen, sportlichen Hosen, bisschen Glitzer, bisschen Asymmetrie, hip.
      Die Performance: Bevor sich die Körper in Bewegung setzen, bewegen sich Stimmen, es wird eingezählt. Die Zahlenreihe 1-8 entspinnt sich, abwechselnd gesprochen, unter den PerformerInnen. Dann folgt 16-fach verlangsamt, überwiegend synchron, aber mit unterschiedlicher körperlicher Ausrichtung im Raum die Bewegungsabfolge der Original-Choreografie. Dazu ein gewaltiger Soundteppich: tiefes Rauschen, gezerrtes hohes Flimmern, metallenes Stimmengewirr im Wechsel. Von treibenden 143 bpm keine Spur, eher ein wellenartiges Kommen und Gehen intensiver Geräuschkulissen, welche einerseits vielfältig Raum für Assoziationen bieten, die Zuhörenden aber auch zu erschlagen vermögen, sie lähmen, oder negativ stimmen. Welch unterschiedliche Resonanz die musikalische Ebene des Stücks hervorrief, wurde u.a. auch im anschliessenden Publikumsgespräch deutlich.
      Das sich wiederholende Bewegungsmaterial der PerformerInnen zeigt einfache Schritte vor- und zurück, laszives Hüftschwingen, weit gestreckte Arme, nach oben, zur Seite, nach unten. Fingerzeig ins Publikum, in die Luft, Hände an den Kopf, an die Hüfte, an den Bauch, über die Brust. All dies in einer konsequent durchgezogenen Langsamkeit, welche grosse bewegerische, wie atmosphärische Dichte hervorbringt. Das stetige Gespannt-sein, über fast 60 Minuten hinweg den Körper nie erschlaffen lassen, dem Diktat des Metronom folgend, - eine grosse performerische Leistung.
      Auch ich als Zuschauende werde im Erleben dieser Langsamkeit herausgefordert und merke schnell: das ist ungewohnt, das ist auch anstrengend. Was sich dann aber einstellt ist ein Eintauchen und sich einnehmen lassen von äusserst zugewandt und achtsam ausgeführten Bewegungen. Es fängt an gut zu tun, dies zu beobachten und weckt die Lust mitzugehen, den eigenen Körper in einer derartigen Langsamkeit mitzubewegen, im Hier und Jetzt. Vereinzelt durchschneiden explosive Bewegungsmomente die Langsamkeit, ein gemeinsamer Klatscher zum Beispiel. Dieser wiederum löst einen laufenden Lichtkreis aus; ein temporeicher Moment, der uns Pause gönnt von der Langsamkeit, der wir, in dieser Intensität und Konsequenz, selten ausgesetzt sind.
      Staunend lässt sich feststellen was ein derartiger Eingriff in das Tempo eines Musikstückes, nämlich eine simple Verlangsamung des Grundpulses, hervorzubringen vermag. Voraussetzung für die Neuentdeckungen in der Langsamkeit ist, wie eingangs beschrieben, und im Sinne eines Slow-Listenings, das bewusste Einlassen, das ‚to tune-in‘ auf das Gegenüber, sei es Musik, Bewegung oder Sprache. Es ist eine Haltung, eine Haltung, die uns im 21. Jahrhundert schwer fällt, gleichsam ein Bedürfnis ist. In diesem Sinne ist auch die Idee des Stückes zu verstehen. (Slowburn ist die zweite ästhetische Untersuchung innerhalb eines mehrjährigen Kunst- und Forschungsprojekt States of Exhaustion). Sich dem Tempo der Zeit entgegenstellen, Widerstand leisten, ganz konkret im Akt der Verlangsamung eines spezifischen Tempos, aber auch Widerstand bieten, ständig Neues zu erschaffen. Dafür steht der Rückgriff auf altes Material, auf bestehendes Sound- und Bewegungsmaterial, was zwar manipuliert, aber in seiner ursprünglichen Form als fixes Ausgangs- und Arbeitsmaterial für Slowburn genutzt wurde.
      Es bleibt vielleicht zu fragen, in wie weit die Lautstärke der Soundkulisse auch zu einer Entschleunigung beiträgt und wie die Reduktion dieser die Wahrnehmung des Stückes beeinträchtigt hätte. Denn, es ist nicht nur das Tempo was uns müde macht, es ist auch die fehlende Stille hin und wieder. Luisa Funk

      Slowburn

      Von Benjamin Burger

      Mit Marie Popall, Benjamin Spinnler

      Sound-Design Ernesto Coba Antequera
      Bühne Thomas Giger

      Styling Henriette Herm

      Produktionsleitung Antje Czudaj, Daniela Guse

      Oeil Extérieur Sabina Aeschlimann, Mona de Weerdt

      Unterstützt von Stadt Zürich, Schweizer Interpretenstiftung

      Koproduktion Gessnerallee Zürich

    • Scalable Skeletal Escalator

      ENGLISH FURTHER DOWN 

       

      Scalable Skeletal Escalator - Isabel Lewis and Collaborators, The Field

      Tanzhaus Zürich, 2. April 2022

      Mit Lucia Gugerli, Pierre Piton, Declan Whitaker, Mirjam Jamuna Zweifel, Rafal Pierzynski

      Aufführungsimpression Tanznachtisch der TanzLOBBY IG Tanz Zürich

      Text: Valerio Porleri

       

      Blaue Füße und orange Ohren am Eingang der Bühne 1 des Tanzhaus Zürich für die Performance "Scalable Skeletal Escalator" von Isabel Lewis and Collaborators, The Field. Der weisse Boden erklärt den Grund für den blauen Schuhschutz. Die Ansammlung der Lautsprecher auf der Rückseite des Raumes erklärt, dass die Musik laut sein wird und wir die orangefarbenen Ohrstöpsel brauchen werden.

      Die vier Tänzerinnen und Tänzer bewegen sich auf dem Boden zwischen den gleichmäßig angeordneten Tribünen, umgeben von trennenden Kunststoffstrukturen und riesigen, von der Decke hängenden Malereien. Ihre Bewegung, die von Leichtigkeit und geringer Spannung geprägt ist und bei der die Gliedmaßen von der Körpermitte zur Peripherie gleiten und winken, lädt die Zuschauenden zum Sitzen ein. Beim Gespräch nach der Aufführung, dem "Tanznachtisch", organisiert von der TanzLOBBY IG Tanz Zürich, teilten einige Zuschauer:innen ihr Erstaunen über die Bewegungsqualität der TänzerInnen mit.

      Das Publikum wird sofort von den klickenden Klängen, die im Raum widerhallen, und den schmelzenden Bewegungen der Tänzerinnen und Tänzer, die ganz in einer anderen Welt zu versinken scheinen, angezogen. Wie im Gespräch nach der Aufführung ausgesagt, wird die recht komplexe Beschreibung des Stücks etwas klarer, wenn die Tänzerinnen und Tänzer beginnen, die ursprüngliche Raumsituation umzugestalten. Eine Tänzerin nähert sich einer anderen, indem sie sich wie eine Schlange schlängelt und so eine plötzliche Kettenreaktion in der Umgebung auslöst. Als Reaktion darauf betritt ein weiterer Tänzer den Raum, um das Team zu vervollständigen, was in allen Körpern eine starke Reaktion hervorruft. Ein Tanz aus frenetischen Bewegungen, der für alle ansteckend ist, überwältigt den Raum zusammen mit der erhöhten Lautstärke der Musik. Überspannte Muskeln, flinke Sprünge, plötzlicher katzenartiger Lauf auf allen Vieren.

      Starke Bilder reihen sich aneinander: ein Käfig, der an Isolation erinnert, Körperzuckungen, die schwer lesbares Leiden andeuten, Schichten, die an Zellmembranen erinnern und die TänzerInnen voneinander trennen. In einer wirbelnden Abfolge von tierisch inspirierten Moves, gewürzt mit Bewegungen, die einer traditionelleren Tanzästhetik entstammen, wird der Zuschauer von den Veränderungen des Schauplatzes verschluckt.  Ist dies der Holobiont, auf den sich die Künstlerin Lewis beziehen möchte? Das Publikum wird Teil der Aufführung, wenn einer der Tänzer durch die Menschen kriecht und die vierte Wand durchbricht. Nacheinander betreten die Tänzer:innen die Publikumstribüne, oder ist es andersherum? Die letzte verbliebene Tänzerin auf der Bühne bewegt einen auf Rädern montierten Spiegel auf uns zu und lässt das Publikum von der linken auf die rechte Seite spiegeln.

      Jetzt sind wir an der Reihe. Eine Stimme, vielleicht aufgenommen, vielleicht live, ermöglicht eine kurze somatische Erkundung, um unsere Aufmerksamkeit auf den eigenen Körper zu lenken. Die scheinbare Entspannung, die sich aus dieser Erkundung ergibt, wird durch immer lautere Geräusche, die den ganzen Raum ausfüllen und in Vibrationen hör- und spürbar werden, gestört; ähnlich würde es in einem 4D-Kino ablaufen. Die computergestützte Klanglandschaft startet wie ein System-Reset nach einem todähnlichen Ereignis neu. Auch die Bewegungen der Tänzerinnen und Tänzer starten auf nicht-lineare Weise neu und scheinen keine eindeutige Bedeutung zu haben. Als ob sie die Bewegungen des Lebens wiedergeben würden, unabhängig von bestimmten Absichten. Braucht das Leben einen Grund, um zu geschehen? Die Tänzerinnen und Tänzer lassen das Publikum mit Fragen über die Wiederholung systemischer Strukturen, Grenzen, Inklusivität, die Collage verschiedener Entitäten und das Vergnügen am raffinierten und geschickten Tanzstück zurück.

      Text: Valerio Porleri für Tanzlobby IG Tanz Zürich

      ENGLISH

      Scalable Skeletal Escalator - Isabel Lewis and Collaborators, The Field

      Tanzhaus Zürich, 2. April 2022

      With Lucia Gugerli, Pierre Piton, Declan Whitaker, Mirjam Jamuna Zweifel, Rafal Pierzynski

      Blue feet and orange ears at the entrance of Bühne 1 of Tanzhaus Zurich on April the 2nd for the performance “Scalable skeletal escalator” by Isabel Lewis and Collaborators, The Field. The white floor explains the reason for the blue shoe protection. The assemblage of speakers placed at the backside of the performance space explains that the music will be loud, and we will need the orange earplugs.

      The four dancers move on the floor between the equally placed platforms, surrounded by plastic partitioning-like structures and giant paintings hanging from the ceiling. Their movement, characterised by lightness and low tension, with their limbs sliding and waving from the body’s centre towards the periphery, invited the spectators to sit down. During the talk after the performance, the “Tanznachtisch”, organised by TanzLOBBY IG Tanz Zürich, some spectators shared their amazement at the dancers’ movement quality.

      The public is immediately drawn in by the clicking sound that resonates in the room, and the melting movements of the dancers, who seem entirely absorbed in another world. As expressed in the talk after the performance, the piece’s rather complex program description becomes a bit clearer when the dancers start to reorganise the original space setting. One dancer gets closer to another by slithering in a snake-inspired manner, inducing a sudden chain reaction in the environment. In response, another dancer enters the space, completing the group, which provokes a strong reply in all bodies. A contagious dance of frenetic moves overwhelms the space together with increasingly louder music. Hypercontracted muscles, nimble jumps, sudden catlike runs on all fours.

      Strong pictures succeed one another: a cage reminding us of isolation, body convulsions hinting at hard-to-read sufferance, layers reminiscent of cellular membranes separating the dancers from each other. In a whirling succession of animal-inspired moves seasoned by movements deriving from more traditional dance aesthetics, the spectator gets swallowed by the changes in the setting.  Is this the holobiont the artist Lewis would like to refer to? The audience becomes part of the performance as one of the dancers crawls through the people breaking the fourth wall. One after the other, the dancers enter the auditorium, or is it the other way around? The last remaining dancer on stage moves a mirror mounted on wheels towards us and then lets the public mirror itself from the left to the right side.

      It is our turn now. A voice, perhaps registered, perhaps live, facilitates a somatic-based brief exploration to draw our attention to our own body. The apparent relaxation deriving from this exploration is strongly disrupted by always louder sounds that become audible and perceivable through the vibrations that fill up the whole space; like in a 4D cinema setting. The computer-based soundscape starts again like a system reset after a near- death event. So too the dancers’ movements restart in a non-linear manner without a clear meaning. As if to reproduce the motions of life which are happening, without a specific purpose. Does life need a reason to happen? The dancers leave the audience behind with questions about the repetition of systemic structures, borders, inclusivity, a collage of diverse entities, and the pleasure of this refined and skilled dance piece.

    • M.A.D.

      m.a.d. Aufführungsimpressionen

      Valerie Reding: m.a.d. (mutually affirmed deviance) im Tanzhaus Zürich, 3.-8. November 2020

      Text: Evelyn Klöti

      Nicht nur die freie Szene – aber diese ganz besonders – befindet sich coronabedingt in einer prekären Arbeitssituation. Zukunft ungewiss. Allen Widernissen zum Trotz wird geprobt, gearbeitet. Was für ein Glück, dass Valerie Redings Produktion im Tanzhaus Zürich gezeigt werden konnte, zwar nur vor jeweils 50 Menschen, aber immerhin. Und die Reaktionen des Publikums – mit Masken bewehrt und im Schachbrettmuster angeordnet – zeigten, wie dankbar man ist, überhaupt ein tolles Stück sehen zu können, und wie viel an Bewegung und Nähe uns momentan fehlt und fehlen wird.

      Valerie Reding arbeitet an der Schnittstelle von Tanz, Performance, Fotografie und Video – «Visuals» im weitesten Sinn – und inhaltlich erforscht sie das Potential von Verletzlichkeit, Empathie, Transformation, um Gender-Rollen und sexuelle Normen, Identitäten und Körper in Frage zu stellen. Im Vergleich mit ihrem Solo «Wild Child» (2018) gibt sie sich im neuen Gruppenstück «m.a.d.» zurückhaltender und lässt ihren Co-Performern viel Raum.

      Eine netzartige, schleimbedeckte Struktur hängt von der Decke herab - eine Nabelschnur? An ihrem Ende, eng umschlungen, ein Menschenknäuel. Die Performer*innen stecken in Plastikanzügen, die Gesichter unter Kapuzen versteckt. Dann und wann reckt sich ein Turnschuh, eine Hand mit lackierten Fingernägeln, um gleich wieder im Gewimmel zu verschwinden. Die Abnabelung der Drillinge erfolgt in Slow Motion: gesichts- und orientierungslos rollend, robbend, an den Wänden sich stossend. Bis sich der erste aufrichtet – ein atemberaubender Moment!

      Gleichwohl lassen sich die Performer*innen viel Zeit, bis sie uns ihre Gesichter zeigen. Angetrieben durch die sensationellen Beats und Stimmungen von Ivy Monteiro am DJ-Pult lassen sie vorerst ihre Hüften rotieren. Jede*r für sich allein: gegen die Wand, den Blick gesenkt, die Hände zu Fäusten geballt. Das hat etwas Verzweifeltes, fast schon Autistisches, das weh tut. Aber die Körper – der Po im Fokus – werden durch den glänzenden Tanzteppich gespiegelt, verdoppelt und durch das raffinierte Licht von Thomas Giger so schön als Schatten an die Wände geworfen, dass die amorphen, pulsierenden Formen in kräftigem Pink wohltuende Lebensenergie und -lust erwecken.

      Der zweite Teil von «m.a.d.» fokussiert die Sprache, den Protest gegen Heteronormativität und Gewalt. Was sich an Verletztheit bei Bastien Hippocrate noch in Ächzen und Stöhnen äussert, kulminiert in einem wütenden Rap von Rafał Pierzyński, der Schimpfwörter auf Polnisch ins Mikrophon schreit. Das «Spit!»-Manifest von Carlos Maria Romero (2017) ist dabei nur eine, aber eine gewichtige, Inspirationsquelle für dieses Stück, dessen Titel Valerie Reding, lasziv in den Seilen hängend, auf Französisch erklärt: «m.a.d.» ist eigentlich die Abkürzung für «mutually affirmed destruction» - wechselseitig zugesicherte Zerstörung während des Kalten Krieges, zu deutsch: Gleichgewicht des Schreckens. Die Choreografin macht jedoch «mutually affirmed deviance» – wechselseitig zugesichertes Abweichen von der Norm – aus der MAD-Doktrin und sprengt so den Teufelskreis aus Diskriminierung und Hass. Selbstermächtigung lautet die Devise. Damit wir nicht «mad» – krank und verrückt – werden. Und dafür braucht es wohl auch Humor, z. B. in Form des synchronen Gruppentänzchens, und grosse Gefühle, gar Pathos, wie in Ivy Monteiros Schlusssong «My Body is a Cage» von Arcade Fire. Empathie zu erwecken und für Abweichung und Ausbruch zu sensibilisieren, ist Valerie Reding und ihren Kollaborator*innen mit «m.a.d.» auf allen Ebenen gelungen. 

      «Hat das gut getan!», war der Konsens der beim Tanznachtisch anwesenden Menschen, fast alles Performer*innen, die zu Bewegungen griffen, wenn die Worte fehlten, um die rotierenden Hüften, das «ass shaking» oder «spine work», zu benennen. Das Stück – typisch 2020 – passe gut in unsere ver-rückte Zeit und führe vor Augen, wie sehr wir den Körperkontakt, die Nähe und Wärme, die Bewegung vermissen – und die unmaskierten Gesichter. Besonders in der Szene mit den ekstatischen Club/Disco-Bewegungen in Slo-Mo hätte man am liebsten mitgetanzt, weil einem das Ausgehen, das Austoben so sehr fehle. Die älteren Semester fühlten sich auch an die Nullerjahre erinnert, hoben den Retro-Schick bei den Kostümen hervor und die Qualität der Musik.

      Auf Anklang stiessen auch die digitalen Zugänge für die Vor- oder Nachbereitung des Stücks, die vom Tanzhaus Zürich gut vermittelt wurden: Der Link Tree von Valerie Reding gibt Hinweise auf die Recherche und Einblicke in ein spannendes «queerleskes» Universum. Nora Smith (Oil Productions) erstellte Live Videos der Aufführungen – zum Nach- oder Wiederschauen, u. a. für jene, die keinen Platz im Tanzhaus ergattern konnten.

      https://vimeo.com/valeriereding

      www.valeriereding.com

       

       

       

      Evelyn Klöti, 11.11.20

       

       

    • Ding Dong

      Stück von Lucie Tuma, Aufführung in der Gessnerallee am 29.11.2020

      Text: Tina Mantel, 13.10.2020

      Am Anfang hören wir nur die Glocken, die an weidende Kühe und Umzüge in Bergdörfern erinnern. Im Gegenlicht sind die Tänzer*innen nur schemenhaft erkennbar, wir wenden uns ganz dem Klang zu. «Ding Dong», der Titel ist Programm und kündigt eine Auseinandersetzung mit Unterbrechung und Kontinuität an. Mit Glocken die Übergänge markieren, auch heute noch, denn ihre digitalen Nachfahren erreichen nie die Schlagkraft ihrer analogen Vorbilder.
      Als das Licht den ganzen Bühnenraum ausfüllt sehen wir die repetitiven Schwung-bewegungen der drei Tanzenden in der neu und grösser wirkenden Halle Ost der Gessnerallee. Zuerst scheinen die Glocken in ihren Händen die Bewegungen zu steuern, mit der Zeit übernehmen die Tänzer*innen die Führung, weichen vom gleichförmigen Muster ab, überraschen mit einer Sprungsequenz, die neue akustische Signale hervorbringt. Ihre wiederkehrenden Schrittmuster und der neutrale, konzentrierte Ausdruck erinnert an frühe Stücke der belgischen Choreografin Anne Teresa de Keersmaeker. Doch das Stück bleibt nicht auf dieser Ebene der Abstraktion, die den Zeitgenössischen Tanz in den 1980er Jahren auszeichnete. Die Tanzenden flechten Sprache in ihren Tanz ein, Worte die wiederholt werden und nachhallen wie das Tönen ihrer Glocken.

      An der Wand hängt ein viertes Kostüm – ein überdimensioniertes Football Shirt mit der Nummer 11. Das Blau erinnert an Uniformen des Pflegepersonals. Die Pandemie, die den Probenprozess und uns alle in den letzten Monaten geprägt hat, ist spürbar. Wir sehen und hören den vierten, abwesenden Tänzer in einer Projektion. Sein dringlicher Aufruf, dass jetzt etwas getan werden müsse, dass jedem Ding ein Dong folgen müsse, bleibt mir vor allem als Zeichen für alle Performer, die Aufführungen absagen mussten, in Erinnerung. Auch der unsere Nasen umschmeichelnde Duft, der zwischen den Zuschauerreihen verteilt wird, mahnt an seine übelriechenden Gegenspieler, die Desinfektionssprays.

      Lucie Tuma und ihr Team sprechen alle unsere Sinne an. Auch mit der überdimensionierten Plastikglocke, einer wunderschönen Skulptur, die nicht klingen kann, aber ihre Schwingungen als farbige Lichtspiele auf die Wände des kahlen Bühnenraumes sendet. Die Tänzer*innen sitzen und liegen darunter in einem sehr verlangsamten Picknick – zum ersten Mal wird hier das Vergehen und Anhalten der Zeit fassbar. Dann wird die meditative Atmosphäre des Stückes durchbrochen. Wir werden direkt angesprochen mit Fragen, die keine Antwort verlangen, sondern in unserem Innern nachhallen wie die berühmte Frage nach dem Klang einer klatschenden Hand: «Would you rather never have Sex again – or have your parents watch you having Sex every three months?”
      Übernimmt der Tänzer (die Namen der Darsteller sind aus der Medienmitteilung nicht ablesbar) die Rolle des Zen Meisters? Unterhaltend sind seine Überlegungen auf jeden Fall.

      Im angeregten Tanznachtisch Gespräch im Anschluss an die Aufführung, wurde von einem Trip gesprochen, zu dem uns das Stück eingeladen hat. Dass Geräusche, Glocken und Musik wichtige Träger der Atmosphäre waren. Dass wir als Zuschauende aus dem Stück heraus, in unsere eigene Gedankenwelt gefallen sind. Und dass unsere Aufmerksamkeit immer wieder gewonnen wurde. Wie zum Beispiel durch das sehr langsame Einsetzen der Ohrstöpsel durch die Tanzenden – das uns äusserst sanft darauf hingewiesen hat, es ihnen gleich zu tun. Obwohl das Schwingen der grossen Glocken unsere Ohren ungleich weniger belastet hat, als die der Tänzer*innen.

      Mir bleibt als Gesamteindruck, dass hier mit viel Sorgfalt Tanz, Sprache, Klang, Licht und Bühne zu einer einheitlichen Sprache verwoben wurde, die durch ihre Sparsamkeit viel Raum für die Assoziationen des Publikums zulässt, und leise nachhallt.

      Tina Mantel, 13.10.2020

    • The Tuning Research Group

      The Tuning Research Group – Ein zweistündiger Event

      Instant Composition Festival, Zirkusquartier, 8.März 2020

      Mit: Peter Aerni, Sunita Asnani, Gianna Grünig, Chris Lechner, Angela Stöcklin, Ivan Wolfe

      Text: Tina Mantel, 14.3.2020

       

      Es ist eine kleine Gruppe von Anhängern der Instant Composition, die sich an diesem Sonntagabend zum letzten Event des gleichnamigen Festivals im Zirkusquartier zusammenfindet. Die Stimmung ist locker, wir sind vorbereitet auf einen zweistündigen Event wo das Publikum eingeladen ist, «nach eigenem Bedürfnis beizuwohnen, sich zurückzuziehen, wiederzukommen.» (Programmtext)

      Die fünf Tänzerinnen und Tänzer aus Bern und Zürich (Ivan Wolfe ist verletzungshalber nicht auf der Bühne) sind in reger Aktion, als wir eintreten. Wir verteilen uns auf den Stühlen, die in vier Ecken auf der Bühne verteilt sind, oder auf der kleinen Zuschauertribüne. Von diesem Moment an beginnt das Eintauchen in einen Raum der Aufmerksamkeit und Präsenz, der die Tanzenden umgibt wie ein Gewässer. Keine choreografische Hand ordnet die fliessend oder abrupt auftauchenden Bewegungen. Alles bewegt gleichzeitig in einem dichten Geflecht von Linien, Kurven, Schnörkeln und Sprenkeln, gezeichnet von fünf Körpern im Raum. Als Beobachterin habe ich die Wahl, wohin ich meine Aufmerksamkeit schicke, wie lange ich bei einer Tänzerin verweile oder ob ich versuche, das Geschehen als Ganzes wahrzunehmen. Meine Augen werden zur choreografischen Instanz, die eine Struktur sucht im Bewegungsfluss, der sich von Moment zu Moment entfaltet.

      Entziffern – das ist es, womit ich immer wieder beschäftigt bin an diesem Abend.

      Zunächst möchte ich die verschiedenen Körper und ihr Bewegungsvokabular aufschlüsseln: Eine Tänzerin scheint mit dem ganzen Körper zu atmen, ihre Bewegungen strömen in den Raum bis sie in einer Suspension anhalten. Ein Mann bleibt jeweils einer Bewegung treu, wiederholt sie mehrmals, wie um sie besser kennen zu lernen. Angela Stöcklin, die auch Initiatorin des Festivals ist, zeigt einen Bewegungsfluss der überrascht, organisch und doch schwer vorhersehbar. Ein Mann ist schwer zu fassen, sprunghaft ändert er seine Bewegungsqualität und -richtung. Die fünfte Tänzerin wirkt geerdet, sinnlich, den Impulsen aus dem Becken folgend.

      Es dauert etwa zwanzig Minuten, bis ich diese unterschiedlichen und doch sehr verwandten Bewegungssprachen für mich eingeordnet habe. Das weiss ich, weil eine Uhr gut sichtbar an der Wand lehnt und ich verfolgen möchte, was mit meinem Zeitgefühl geschieht während diesem Event. Ich spüre keine Unruhe oder Erwartung, sondern Offenheit für das, was noch kommt.

      Plötzlich stellen sich alle an den Rand der Bühne und später erfahren wir, dass jetzt die Tuning Scores nach Lisa Nelson beginnen. Der Auftakt war «nur» das Aufwärmen, bei dem ich gut noch länger hätte zuschauen können. Doch nun werden Anordnungen gerufen und befolgt, und ein weiterer Entzifferungs Prozess beginnt: was bedeuten die Worte (leider zu leise gesprochen) und wie werden sie von den einzelnen Tänzerinnen und Tänzern beantwortet. «Go, enter, pause, replace, end, single image, fast forward, repeat …» sind «Calls» welche die Tanzenden einander von aussen oder von innen geben. Eine Spielanordnung wie man sie kennt, wenn man sich mit improvisiertem Tanz beschäftigt hat. Was hier aussergewöhnlich ist: die Performer tanzen (fast) ausschliesslich mit geschlossenen Augen, und die Anordnungen kommen von den Tanzenden selbst. Das unterstreicht ihre Rolle als Komponist*innen der im Moment entstehenden Choreografie.

      Lisa Nelson ist eine amerikanische Tanzschaffende, die sich seit den 1970er Jahren mit Improvisation und Instant Composition auseinandersetzt. Seit den 1990er Jahren arbeitet sie mit The Tuning Score, ein Kommunikations und Feedback System für eine Gruppe von Spielern, die gleichzeitig als Regisseure, Performer und Zuschauer agieren. The Tuning Score wurde in Museen und Kunstzentren auf der ganzen Welt praktiziert. Doch ist er nicht nur eine performative Struktur sondern wie Lisa Nelson beschreibt:

      a diagnostic tool for human behaviour at large, it makes us consider movement ideas and possibilities that are normally left out of the picture, with an eye for the unravelling idiosyncracies, cultural decorum and our survival of their intricate intertwinings.

      Zurück auf die Bühne, wo das Spiel von verbalen Anleitungen, den Calls und ihrem Befolgen auch etwas Repetitives hat. Darf rebelliert werden? Etwas anderes gemacht werden als gerufen wurde? Die Calls von innen, von den Tanzenden selbst, sind da eine willkommene Abwechslung. Das «end» einer Solistin setzt einen befriedigenden Schlusspunkt, ohne Pathos. Und ja, sie tanzen immer noch mit geschlossenen Augen. Dafür müssen sie ihren kinästhetischen Sinn und die Rezeptoren auf der Oberfläche ihrer Haut extrem schärfen. Im Publikumsgespräch wird von einer Art Nebel gesprochen, der um die Performer*innen herum wahrnehmbar ist. Die Luft verdichtet sich in gewissen Momenten, wenn Übereinstimmungen zwischen zwei oder mehr Tänzerinnen entstehen, die nur von aussen sichtbar sind. Das hat etwas Magisches und berührt, ohne dass man weiss weshalb, wie ein Zuschauer bemerkt.

      Die Zeit fliesst unbemerkt und es ist eine solche Konzentration im Raum, dass niemand von der Option Gebrauch macht, ihn zeitweilig zu verlassen. Plötzlich tauchen absurde Objekte auf, kleine, gelöcherte Teppiche aus Karton, die Geräusche hervorbringen und als Maske oder Kopftuch getragen werden, zur Prothese werden oder im Raum herumfliegen. Das Spiel mit dem Material bringt eine greifbare, konkrete Ebene in den Raum. Trotzdem dauert sie mir etwas zu lang, eröffnet mir das Objekt zu wenig Assoziationsraum.

      Habe ich erwähnt, dass es keine Klänge, keine Musik gibt? Wie beim Schreiben habe ich diesen Umstand auch beim Zuschauen vergessen. Die im Augenblick komponierten und komponierenden Körper sind Klang genug. Musik würde die Resonanz zwischen den Tanzenden und uns Zuschauenden vielleicht übertönen.

      Der Abschluss des zweistündigen Events kommt wohl für alle überraschend und etwas früher als geplant. Doch ist er durchaus stimmig: mit dem Öffnen des hinteren Vorhangs wird der Blick auf Bälle und Matten frei. Das sind Utensilien des Zirkusquartiers, Heimat für Artistinnen und Akrobaten und immer mehr auch Tänzerinnen aus Zürich. Zum Glück, sonst könnte dieses kleine Festival, das schon zum zweiten Mal zu Gast im «Ort für neuen Zirkus» war, vielleicht nicht stattfinden. 

       

      Tina Mantel, 14.3.2020

    • Iumi

      Von Jenna Hendry und Matilda Biberg, Fabriktheater Rote Fabrik Zürich, 23. November 2019

       

      Wie wunderbar, wenn man während und nach einer Tanzaufführung das Gefühl hat, beschenkt zu werden. Wenn die einzigartigen Stärken des Tanzes – physische Durchdringung, differenzierte Körperlichkeit, Berührung mit und über den Körper –  grosszügig an die Zuschauenden weiter gegeben werden. Dies ist mir bei «Iumi» von Jenna Hendry und Matilda Biberg so gegangen. Von Anfang an haben mich diese beiden jungen Tänzerinnen in ihren Bann gezogen. Musik und Tanz starteten, bevor wir in den Zuschauerraum durften. So war das Stück bereits in Gang als wir unsere Plätze auf zwei Seiten der Bühne einnahmen, es war beiderseits kein «Aufwärmen» nötig. Das Interesse an der vielseitigen Bewegungssprache und der unisono Struktur – durchchoreografiert oder ausgeklügeltes «follow the leader» ? – war von Anfang an da.

      Die beiden Tänzerinnen verbindet das gemeinsame Interesse an Berührung im Kontext Tanz, lesen wir im Programmheft. Das tönt nach Kontakt Improvisation, der Tanzform, die den Kontaktpunkt zwischen zwei Körpern als Ausgangspunkt für Bewegung nimmt. Sicher beherrschen Jenna und Matilda diese Form, aber was sie uns über Berührung zeigen und fühlen lassen, geht über den Körper hinaus. Sie lassen Momente von zärtlich emotionaler Intimität zu, wenn sie eng umschlungen durch den Raum gleiten. Sie zeigen uns was Begegnung sein kann, wenn zwei Menschen mit offenem Blick aufeinander zu gehen und wie daraus wieder Tanz wird. Sie stützen sich gegenseitig, indem sie um einen gemeinsamen Schwerpunkt kreisen. Ganz entfernt erinnert das an Paartänze, wobei sie die dort herrschenden Elemente des Führens und Folgens herauskristallisieren und demokratisieren. Deshalb kommt das Paar auch ohne die schon so oft gesehenen, akrobatischen Hebefiguren aus, denn sie bleiben dem Thema der Begegnung, des Miteinanders treu.

      Das gilt auch und in besonderem für ihre Beziehung zum Publikum. Wir fühlen uns während der ganzen Performance eingebunden in das Geschehen auf der Bühne, spüren die verschiedenen Formen der Berührung zwischen den Tänzerinnen sozusagen am eigenen Körper. Sie erreichen das einerseits durch ihre Performance Qualität. Mit grosser Selbstverständlichkeit berühren sie die Zuschauenden mit ihrem Blick. Auch tanzen sie manchmal sehr nahe auf einer Seite des Publikums, und wenn sie am seitlichen Bühnenrand stehen, zeigen sie uns mit ihrem Blick jeweils, dass wir zu ihrem Raum gehören. Auch die unauffällige Lichtregie (Maria Ros) unterstützt das Miteinander von Bühnen- und Zuschauerraum. Die Musik von Alex Zampini gibt dynamische Impulse, lässt aber auch Raum zum Atmen und Spüren.

      Es sind wenig Momente, wo sich die beiden Tänzerinnen voneinander trennen und sich stattdessen auf die Nähe zum Publikum konzentrieren. Auf unserer Seite war es Jenna, die sich für eine Begegnung mit mir persönlich Zeit genommen hat. Wie sie es geschafft hat, dass mir dieser öffentliche Moment von Intimität nicht unangenehm war, weiss ich nicht. Nachdem sie vielleicht eine Minute lang vor mir gesessen hat, während der wir uns angeschaut haben, spann sie ein Solo, das etwas über diesen Moment der Berührung erzählt hat. In Worten, wie sie nur der Tanz kennt.

      Tina Mantel

    • In the middle of Nowhere - Your Absence Fills the Space

      AUS DER RUHE GEBRACHT

      «In the middle of Nowhere – your absence fills the space»
      Konzept/Choreografie Simone Truong Kreation/Performance Cosima Grand, Jeanne Gumy (internship), Tarek Halaby, Anna Massoni, Roger Sala Reyner, Adina Secretan, Simone Truong
      Besuchte Vorstellung: 26. Oktober 2019, Gessnerallee

      Text: Wanda Puvogel

      «Willkommen im Nirgendwo: Bitte ziehen Sie Ihre Schuhe aus und lassen Sie Ihre Sachen zurück. Es ist dunkel hier drin, der Boden ist weich. Es gibt keine Stühle, über die man stolpern könnte und keine Wände, die einen stützen.» So steht es im Beschrieb zum Stück, und so ähnlich lautet auch der Text, den man erstmals hört, wenn man den Bereich der Vorstellung betritt und der für lange Zeit in einer Dauerschleife läuft. Tatsächlich kommt man in den ungewöhnlichen Theaterraum nicht hinein, ohne vorher Tasche, Schuhe und alles andere Hinderliche abgegeben zu haben. Worauf lässt man sich hier ein? Eine erste Verunsicherung tritt ein, und das, obwohl die Stimme aus dem Off ebenfalls immer wieder dazu auffordert, es sich bequem zu machen. Die Füsse ohne Schuhe spüren den weichen Boden, der über die gesamte Fläche ausgelegt ist. Auch, nachdem sich die Augen ein wenig an das vorherrschende dunkle Dämmerlicht gewöhnt haben, lassen sich die Ausmasse des Raumes nur ungefähr abschätzen, es sind schwarze Vorhänge, durch die er ohne klar erkennbare Grenzen eingefasst wird. Es fehlen Wände, an die man sich lehnen könnte, die stabilen Halt böten. Irritierend, denn das menschliche Bedürfnis nach Schutz von hinten oder einer Ecke, von der aus man das Geschehen aus sicherer Distanz beobachten könnte, wird bewusst unterlaufen. Nach und Nach betreten immer mehr Menschen die Fläche, bis der Boden relativ dicht besetzt ist. Entschleunigung macht sich breit, die Anwesenden stehen, sitzen, manche liegen. Gelegentlich sind leise Unterhaltungen zu vernehmen. Je länger es dauert, desto fragwürdiger wird jedoch der Begriff «bequem» und alle scheinen zu warten, das etwas beginnt. Dabei hat «es» schon längst angefangen, denn die Performer*innen befinden sich längst mitten unter uns. Sie tragen unauffällige, dunkle Kleidung, später wird man auch die jeweils unterschiedlichen Farben, die darunter hervorschimmern, noch bemerken. Die Tänzer*innen bewegen sich langsam zwischen allen anderen hindurch, vorwärts, rückwärts, aber in jedem Fall behutsam, tastend und bedacht, niemanden zu verletzen. Ihre Augen sind geschlossen, und zwar während des gesamten Stücks. Zur Orientierung werden andere Sinne eingesetzt, das Visuelle bleibt aussen vor. Instinktiv erspüren sie benachbarte Körper. Bei der leichtesten Berührung weichen sie aus. In anderen Fällen machen die Gäste den Platz frei, um eine Kollision zu vermeiden. Wer ist aktiv, wer passiv? Die Gedanken wandern. Was ist meine Rolle? Was wird von mir erwartet? Es ist nicht klar – ein bisschen fühlt man sich, als sei man in ein Spiel hineingeworfen, ohne dass einem die Regeln verraten wurden. Zwei junge Teilnehmer der «Tanznachtisch»-Gesprächsrunde, die im Anschluss an die Vorstellung durchgeführt wurde, sollten später von der Erfahrung berichten, dass sie eigentlich die ganze Zeit auf die Aufforderung zum Mitmachen gewartet hätten und etwas enttäuscht waren, dass diese nie kam. Es bleibt auch im Nachhinein unklar, ob das eine Möglichkeit gewesen wäre.

      Die Produktion ist unterteilt in einige wenige deutlich unterscheidbare Teile. Der zweite kündigt sich durch etwas helleres Licht an. Die Tanzenden finden sich nach und nach zusammen, in improvisierten Figuren, die jedoch nach erkennbarem Muster zustande kommen: die Augen bleiben zu, nach und nach wird jeder von den anderen einmal hochgehoben und getragen. Spannend ist es zu beobachten, wie jede*r Einzelne vorfühlt, wo andere Halt bieten, wo und wie eine Bewegung weitergeführt werden kann, wie sich gemeinsam Stabilität herstellen lässt und wie sich in dieser Phase die Gruppe mit grosser Ruhe immer wieder neu formiert. Meist bewegt die Gruppe sich dabei zwischen den ausweichenden Zuschauer*innen hindurch. In einem Fall jedoch bleibt ein Zuschauer hartnäckig liegen: über ihn rollt das Körperkonglomerat wie eine wabernde Welle vorsichtig hinweg.

      Anschliessend verschaffen sich einzelne Tänzer*innen für kurze Solosequenzen Platz, die wie Ausbrüche an Energie wirken. Die Sitzenden in der Nähe reagieren fast erschrocken, denn hier scheint man zum ersten Mal keine besondere Rücksicht auf die Umgebung zu verwenden.

      Der nächste Teil findet nun in vollständiger Dunkelheit statt. Umso genauer kann man hören: Erste Gesangstöne werden ausgestossen, einzelne Klänge, denen sich weitere anschliessen. Sie mischen sich zu ruhigen Klangclustern zusammen, die anschwellen und verebben. Die Lautstärke der einzelnen Töne lässt Rückschlüsse darauf zu, wie weit andere Personen entfernt sind. Im Schutz der Dunkelheit trauen sich – anders als im ersten Teil – diesmal auch viele der Gäste mitzumachen, sie stimmen in das akustische Spektakel mit ein.

      In der letzten Phase bricht die Apokalypse aus, aus Gesang wird lautes Schreien, ohrenbetäubend kulminiert das Geschehen im Lärm.
      Noch ganz unter diesem Eindruck kehrt man in die Realität zurück. Doch die Welt der Empfindsamkeit, in die man während dieses etwa 75-minütigen Stückes so nachhaltig eingehüllt wurde, klingt auch noch nach der Rückkehr in die «Normalität» lange nach.

      Fazit: Man ist als Besucher*in Teil der Produktion, hautnah beteiligt und eingebunden in ein Geschehen, dass man nur bedingt beeinflussen kann. Es spielt mit unserer Gefühlswelt, irritiert, und löst genau deshalb eine Flut an Gedanken aus, wobei das genannte Thema «Migration» eine zusätzliche Perspektive und Ebene schafft. Erfolgreich zwingt die Produktion alle Anwesenden dazu, die eigene Rolle und das eigene (Nicht-)Handeln immer wieder zu hinterfragen. Simone Truong und ihre Mitstreiter*innen erschaffen mit «In the middle of Nowhere – your absence fills the space» einen Kosmos, der niemanden kalt lässt.

      Wanda Puvogel

    • Female Frequency

      Tanz im Innern eines Computers

      Female Frequency 2038
      A Dance-Theatre Performance & Panel Discussions Von Marine Besnard, Sonntag 15.9.2019

      Vor genau zwei Jahren wurde das Kraftwerk im ehemaligen Elektrizitätswerk in Zürich eröffnet. Die älteren unter uns erinnern sich an Tanzaufführungen, zum Beispiel von Denise Lampart oder Gisela Rocha, die dort Anfangs der 90er Jahre stattfanden. Nun ist daraus «ein schweizweit einzigartiger Ort für Innovation und Kollaboration» geworden, mit Meeting- und Workshop Räumen, einem einladenden Café und einer Eventhalle, die nun zum ersten Mal (wieder) für den Tanz genutzt wird.
      Hier findet der erste Teil von Marine Besnards Stück statt und er bietet eine grossartige Kulisse für die vier jungen Tänzerinnen. Zwölf Schiffscontainer sind auf drei Ebenen übereinander gestapelt. Darin tanzen die Frauen hinter verglasten Öffnungen, getrennt voneinander und vom Publikum. In grauer Fitnessbekleidung (Kostüme Sabrina Bossard) und zur düster dynamischen Musik von Charles Mugel zeigen sie eine spannungsvolle Mischung von organisch fliessenden, emotional geprägten Bewegungen und kontrollierten, ferngesteuerten Moves. Das choreografische Handwerk der jungen Choreografin zeigt sich in der gekonnten Mischung von individuell gestalteten Bewegungsabläufen und unvorhersehbaren synchronen Momenten zwischen zwei, drei oder allen vier Frauen. Wer vorne sitzt kann nicht alle Tänzerinnen auf den drei Etagen gleichzeitig im Blickfeld behalten. Das Springen des Auges von einem Fenster zum nächsten verstärkt den Eindruck der Isolation. Da beruhigen die bemerkenswerten Videoprojektionen von Sophie Le Meillour das Auge. Senkrecht verlaufende Linien, Punkte oder Binärcodes bringen die Oberfläche der Container in Bewegung und erinnern an Science Fiction Filme. Wir wähnen uns im Innern eines riesigen Computers, die Tänzerinnen und vielleicht auch wir sind Teil davon.
      Nach einem kraftvollen Solo von Ambra Peyer gehen die Lichter in den Containerfenstern aus und die Tänzerinnen versammeln sich im Bühnenraum vor der Containerwand. Auf gleicher Ebene wie die Zuschauer wirken sie jetzt fragiler und menschlicher. Wenn die Stimme aus dem Off (ein Computerprogramm mit italienischem Akzent?) ihre persönlichen Eigenschaften vorstellt, reagieren sie fast beschämt. Auch wir befolgen die Anweisungen dieser Stimme, stehen auf und schliessen uns jeweils einer Tänzerin an, um die Halle in unterschiedliche Richtungen zu verlassen.

      In meinem Fall geht es zuerst in einen sehr schmalen und sehr pink ausgeleuchteten Gang, wo wir uns auf beiden Seiten entlang den Wänden aufstellen müssen. Die agile Tänzerin (Federica Normanno) durchschreitet diesen futuristischen Catwalk in teils absurden, leicht befremdlichen Körperpositionen. Gerne entfliehen wir der körperlichen Enge in den Meeting Room und setzen uns um einen grossen Tisch. Hier tritt uns die Tänzerin Carmelangelo Damico als strenger CEO entgegen. Ihre starke Präsenz entlädt sich in explosiven Bewegungsakzenten. Wieder präsentiert uns hier die Choreografin den Kontrast zwischen roboterhafter Kontrolle und Emotionalität. Das kann als Unentschiedenheit gedeutet werden, oder als bewusstes Schillern zwischen menschlichen und maschinellen Impulsen. Im einzigen live gesprochenen Monolog erklärt die Tänzerin: «Robots don’t know who they are», und ich bin mir nicht sicher, ob uns das beruhigen sollte.

      Weiter geht der Weg durch die Hinterräume und Treppen des Kraftwerks. Geschickt lenken die Tänzerinnen den Bewegungsfluss des Publikums und unterwegs erhaschen wir Eindrücke

      des «innovation space» Kraftwerk. Die Durchdringung von Raum und Aktion ist vom künstlerischen Team geschickt konzipiert und die grosse Stärke der Inszenierung.

      Als nächstes finden wir uns in einem kleinen Arbeitsraum wieder. Hier lässt Naomi Kamihigashi leuchtende Symbole auf einem Tisch erscheinen, wie wir es aus Filmen kennen, die weiter in der Zukunft spielen als «2038». Gerne wüsste ich, was die Schaltkreise bewirken (sollen) und wie der emotionale Gestus der Tänzerin mit den abstrakten Zahlen und Linien korrespondiert. Kontrolliert die Frau hier die Technologie, oder wird sie vom Programm gelenkt? Die Frage bleibt bewusst unbeantwortet.
      Zuletzt tanzt Ambra Peyer im Foyer mit einem ausladenden Ledersofa und einem Notizbuch in der Hand. Eine Stimme aus dem Off fordert sie auf: «there is more to explore!». Ob damit das Computerprogramm oder die Tänzerin selbst optimiert werden soll? Auf jeden Fall ist es eine Freude, der jungen Frau beim Kontakt Duo mit dem Sofa zuzuschauen.

      Im letzten, etwas kurzen Teil sitzen wir wieder in der grossen Halle und erleben nun zum ersten Mal Interaktionen unter den Tänzerinnen. Wie eine ausgeklügelte Apparatur passen die Körper ineinander, halten und tragen einander. Das ist vertrautes Contemporary Dance Vokabular, geschmeidig getanzt. Ich würde gerne mehr davon sehen, hoffe auf eine Entwicklung der Beziehung unter den Frauen und zu ihrer Umgebung. Diese inhaltliche Zuspitzung oder Konkretisierung fehlen am Schluss. Doch ich bin dankbar für ein zeitgenössisches Stück, das den Tanz so stark gewichtet. Denn obwohl Licht, Video, Musik und vor allem der Raum eine zentrale Rolle spielen, ist doch spürbar, dass Marine Besnard ihrer Kunstform, dem Tanz, vertraut. Gemeinsam mit ihren jungen Tanztalenten sucht sie nach treffendem Bewegungsvokabular, was besonders im ersten Teil und gewissen Solos gelingt. Und vielleicht ist es richtig, dass Marine und ihre Dramaturgin Katrin Kolo, den Tanz nicht zu sehr mit konkreten Inhalten befrachtet haben. Diese werden in anderer, besser geeigneter Form transportiert: den Panel Discussions. Hier werden im Anschluss an jede Aufführung weibliche Führungskräfte aus dem Technologie Bereich präsentiert. Sie diskutieren die Frage, die zugleich Aufforderung ist: do «Women belong in Tech!?». Da dieses Format integraler Bestandteil der Aufführung ist, hätte ich mir eine Einbettung in die künstlerische Darbietung vorstellen können.

      Am 15. September ist die Neuroinformatikerin Yulia Sandamirskaya zu Gast. Sie leitet die Gruppe «Neuromorphe kognitive Roboter» von Universität und ETH Zürich. Eindrücklich beschreibt sie, wie schwierig es ist, Robotern embodied intelligence (Körperintelligenz) beizubringen. «Es ist einfacher, das Hirn zu imitieren als den Körper» sagt sie und weiss wahrscheinlich nicht, wie erfreulich das für Tanzschaffende klingt. Yulia schildert die komplexen Abläufe, die für die Imitation einer einfachen menschlichen Bewegung notwendig sind. Da wird uns nachhaltig bewusst, welche Kompetenzen Tänzerinnen auf physischer, kognitiver und propriozeptiver Ebene benötigen, um differenzierte Abläufe zu tanzen, koordiniert in Raum und Zeit und gefüllt mit emotionalem Inhalt.

      Dieses verkörperte Wissen könnte und sollte mehr geschätzt und genutzt werden. Es ist ein Verdienst von «2038», dafür neue Netzwerke zwischen Tanz und Technologie geschaffen zu haben.

      Tina Mantel

    • Oxy Moron

      Malika Fankha: Oxy Moron im Tanzhaus am 5 Juni 2019

      Text: Evelyn Klöti

      Aufführungsimpressionen – Tanznachtisch der TanzLOBBY IG Tanz Zürich

      Uterus-Universum – mit Shrimp

      Stockdunkel. Sphärische Klänge. Grüne Augen blitzen in ungewohnter Höhe. Kommt da ein Wesen auf uns zu gestelzt? Ist es/er/sie bewaffnet? Hat uns im Visier?

      Sobald sich der Nebel lichtet, zeichnet sich eine gewaltige Silhouette ab, die in lila Overknee-Stiefeln geradewegs auf uns zu gestöckelt kommt – ein Catwalk der anderen Art, ein Cyborg.

      Oranges Licht gibt den Blick frei auf eine Maske, umrandet von strähnigem Haar: Hexentanz? „I’m the son of a witch“, wird Malika Fankha später sagen. Sie schält sich – mit zuckendem Oberkörper und kreisenden Hüften – aus Kleid und Stiefeln. Dann erst wird klar, dass sie uns die ganze Zeit über den Rücken zugedreht hat, uns nicht direkt im Visier hatte. Denn die Schamanenmaske klebt am Hinterkopf. Was steckt dahinter? Was ist vorne? Die Perspektiven verdrehen sich. Die janusköpfige Kreatur geht in die Knie und transformiert sich in ein amorphes Wesen, mutiert zum Seehund und dreht sich – ruckzuck – um. Eine knabenhafte Frau mit Brüsten und zig angeklebten Brustwarzen präsentiert ein männlich wirkendes Gesicht mit einem Mona Lisa-Lächeln – auch dieses ist nur eine Maske, eine weitere Etappe auf einer faszinierenden Reise im Saal des Tanzhauses.

      Selten sieht man ein Stück mit einem derart verwirrenden und gleichzeitig glasklaren Anfang. Das schürt Erwartungen. Denn bereits in den ersten Minuten steht der Titel „Oxy Moron“ in Form des Cyborgs mit Januskopf im Raum. Die rhetorische Figur „Oxymoron“ bezeichnet einen Widerspruch in sich, der aber über sich hinausweist und kaum Auszudrückendes zum Ausdruck bringen kann; eine „scharfsinnige Dummheit“ eben, wie die griechischen Wortwurzeln dies nahelegen. Diese rhetorische Figur ist Programm, aber der Zugang ist ein metaphorischer, transformatorischer. Hält der Titel, was er verspricht? Hält der Anfang dem Stück stand – die Performerin durch? Ja! Und zwar nicht nur mit ihrer wandelbaren physischen Präsenz, sondern auch mit einem ungemein starken Text.

      Die Bernerin Malika Fankha ist in verschiedenen Künsten zu Hause und bringt diese – mit viel Selbstironie – an ihrer Zürcher Premiere auf die Bühne. Sie studierte Schauspiel in Zürich sowie zeitgenössischen Tanz in Salzburg und New York. Seit Jahren arbeitet sie als Tänzerin, Choreografin, Slam- und Sound-Poetin und DJ, mit Schwerpunkten in Brüssel und Wien. Ob sie Elfriede Jelinek schätzt? Jedenfalls lässt Malika Fankhas musikalischer, rhetorisch gewiefter und mit Kalauern gespickter Text an die – im doppelten Wortsinn – wütenden „Textflächen“ der österreichischen Nobelpreisträgerin für Literatur denken.

      Ist „Oxy Moron“ nun eine One-Woman-Show? Nein, eine Two-Women-Show, denn die zweite Künstlerin, die Luxemburgerin Valérie Reding, ist für Make-up, Kostüme und Bühnenbild zuständig. Eigentlich selber Tänzerin und Drag Performerin zieht sie in „Oxy Moron“ im Hintergrund die Strippen und lässt die Materialität ihrer Accessoires spielen – und natürlich diesen/s Cyborg.

      „I’m very much down to earth, but not on this one“; ein Mix sei sie, aus chemischen Substanzen und organischem Fleisch, sagt Malika Fankha, und nähert sich so der Definition von Cyborg (ein Akronym aus cybernetic organism), diesen Mischwesen aus Mensch und Maschine, nicht zu verwechseln mit Robotern und Automaten. Letztere verfügen über eine lange Tradition im Tanz, denn Fragen wie: Was ist echt? Was gefälscht? Was Fiktion? Was Realität? Mann oder Frau? Und wer hat eigentlich die Fäden in der Hand? – sind und bleiben spannend und hochaktuell. Sowohl in der analogen als auch in der digitalen Welt und besonders an ihren Schnittstellen.

      Valerie Reding und Malika Fankha legen den Fokus auf Transformationen und zeigen Körper und Sexualität jenseits von Normen. Reduktiv auf der Bewegungsebene, dafür umso überbordender im Text, in der Fiktion. Die halb-autobiografische Erzählung handelt vom Mädchen-Sein und Frau-Werden und spielt in einer „Eso-Welt“ mit – pardon! – „Eso-Mutter“. Lang und breit lässt sich Malika Fankha über ihr „Uterus-Universum“ aus, wo ein Shrimp, eine Crevette, hause und Whatsapp-Nachrichten schicke, und „the transformative power of climaxing“. Grossartig ist auch die Yoga-Parodie auf einem giftgrünen Rasenteppich, wobei die E-Zigarette der Haschischpfeife Platz gemacht hat, um den Selbstverwirklichungstrip zu beflügeln.

      Das tönt hochamüsant, stünde da nicht dieses „I wish I had a body on my own“ im Raum, der Wunsch nach einem eigenen Körper, ausgesprochen von diesem deformierten, transformierten, havarierten Cyborg, der/das stets eine Art Menschenwürde behält, weil seine Darsteller*innen souverän agieren.

      Im Anschluss an die gut aufgenommene Premiere (nur ein Zuschauer verliess - wohl irritiert – den Saal) diskutierte eine kleine Runde an einem (TanzNach)Tisch. Dabei war frau sich einig über den sensationell dichten Anfang von „Oxy Moron“, der alle sofort neugierig auf dieses janusköpfige Wesen gemacht und verschiedene Assoziationen ausgelöst hatte. Uneinig war frau sich allerdings bei der Frage, ob das Stück dem Anfang standhalte. Der Text sei zu lang, dominant und eindeutig, sie hätte – auf der grossen Bühne des Tanzhauses – lieber mehr Tanz, eine raumgreifendere Choreografie, gesehen. Nicht leicht zu verstehen sei der Text, aber mehrdeutig und voller kruder Details. Dieser Shrimp im Uterus...? Fremdkörper? Geschlechtervermischung? Krankheit? Damit sei doch ganz einfach ein Fötus gemeint. – „Habt ihr denn euren Föten keine Namen gegeben?!“ – Die älteren Semester fühlten sich in die 80er Jahre – New Age, Drogen und befreite Sexualität – zurückkatapultiert: alles schon gesehen und erfahren, während dieser/s Cyborg für die jüngeren eher in die Gegenwart und Zukunft wies. Zu sanft, zu flach sei der Schluss des Stücks, obwohl Malika Fankha gut singe und die leuchtenden Schmetterlinge – Transformation par excellence – schön seien. Und natürlich war frau sich einig, dass da zwei erfahrene und souveräne Performerinnen/Künstlerinnen am Werk waren.

      Evelyn Klöti

    • All In

      «All In» von Daniel Hellmann in der Gessnerallee (Aufführung: 27. April 2019, Premiere: 25. April)

      Offener Dreier

      Daniel Hellmann hat sich schon in mehreren Performances mit queerer und Mainstream-Sexualität auseinandergesetzt. In «Traumboy» beschrieb er seine Erfahrungen mit der käuflichen Liebe, in «Full Service» verkaufte er Wunscherfüllungen in einem kleinen, intimen Zelt. In «All In» befasst er sich nun mit Polyamorie.

      Hand aufs Herz: Geliebt werden wollen wir doch alle. Mit all unseren Ecken und Kanten, vollumfänglich, so, wie wir sind. Aber wie ist es, wenn nicht eine Person im Zentrum des Begehrens steht, sondern mehrere? Wenn das klassische Duo zum Trio, Quartett oder Quintett anwächst. Ist geteilte Liebe doppelte Liebe oder nur halb so viel wert?
      Daniel Hellmann, Anne Welenc und Layton Lachman haben sich für ihr Stück «All in» in der Gessnerallee mit Dreierbeziehungen beschäftigt. Sie fragten 19 Menschen, die in Dreieckskonstellationen leben oder gelebt haben, nach ihren Erfahrungen. Deren Aussagen verweben sie zu Zitatblöcken, die im Laufe des Abends rezitiert werden. Ein Tanz um Worte also? Mitnichten – auch wenn die Bewegungen auf ersten Blick oft zufällig wirken. Wie in Zeitlupe lösen sich die drei am Anfang des Stücks voneinander, nachdem sie zunächst unter einem herabbaumelnden Deckenmikrophon dreistimmig ihr Zugeständnis gesungen haben. Dieses «Ja» in allen Ton- und Stimmungslagen fasst die Performance schon zu Beginn zusammen: Sie ist ein Ja zur Liebe, zur grenzenlosen Offenheit mit all ihren Konsequenzen.

      In der Folge füttern sich Lachman und Hellmann mit bunten Jelly-Süssigkeiten, räkelt sich Welenc auf einer kreisrunden Luftmatratzenspielwiese oder mimen die drei auf der grossen Showtreppe (Bühnenbild Theres Indermauer) glückliche Triangel-Häuslichkeit. Bildmomente wie aus Film-Stills sind das, zeitgenössische Stillleben, die quasi im Off die Nacherzählungen der Recherche-Gespräche mit Bildmomenten unterlegen. Wenn getanzt wird, dann in kurzen Miniaturen, die die verschiedenen Versuche verdeutlichen, in immer wieder wechselnden Kombinationen zusammenzufinden. Geht es in den gesprochenen Zitaten um Lebensbeispiele anderer, wird im körperlichen Miteinander die persönliche Auseinandersetzung der Protagonist*innen sichtbar.

      Mal erinnert das an wildes Gezappel in der Disco, mal an ein intensives Durch- und Übereinanderkriechen in einer Therapiestunde. Dann wieder finden die drei im rockseligen Reigen zur Harmonie. Doch meist bleibt es bei Experimenten auf Zeit, bei Momentaufnahmen, die keine vertiefte Emotion zuzulassen scheinen. Das wirkt zuerst paradox bei einem so emotionalen Thema wie der Liebe. Ist Dreisamkeit zur Oberflächlichkeit verdammt, in der jede und jeder sich ein Stückchen Distanz bewahrt, um von den komplexen Ansprüchen dieser offenen Lebens- und Liebesform nicht verschlungen zu werden? Oder ist es nichts als richtig, dass etwas so grundlegend Natürliches wie die Liebe kein konstruiertes Sinnsuchebühnenbrimborium braucht: Die Liebe zu dritt als Lebensmoment, nicht mehr, aber auch nicht weniger?
      Und doch: So einfach und natürlich wie die Liebe ist, so kompliziert und manchmal schmerzhaft können Beziehungen sein. Diese Tiefen lotet das Stück nicht aus, was angesichts der wieder höher wachsenden Grenzzäune der Moral zumindest schade ist.

      In der «TanzNachTisch» Gesprächsrunde nach der Vorstellung geht es lange um die ästhetische Wirkung einzelner Szenen. Die als liebevolle Umhüllung wahrgenommene Plastikplane, unter der sich Hellmann überraschend verletzlich zeigt, die Verlorenheit von Anne Welenc auf der kreisrunden Luftmatratze oder auch die tänzerisch-tastenden Gänge von Lachman sind allen im Gedächtnis geblieben. Es sind berührende Momente der Offenheit. Die Aufzählung stoppt als einer der Teilnehmenden sich zur Wehr setzt, weil ihm nicht gefällt, dass das Stück in der Runde analytisch in seine Einzelteile zerlegt wird. Ein wichtiger Gedanke: Schliesslich ginge es doch um die Summe, um den Gesamteindruck, der die Stimmung prägt, mit der man aus dem Theater geht. Diesbezüglich ist

      sich die Gesprächsrunde weniger einig und mit der Zeit öffnet sich auch ein Generationengraben. Wer die Befreiungsbewegungen der siebziger und achtziger Jahre aktiv miterlebt hat, mag sich wundern über die Brisanz, die das Thema sexuelle Freiheit für heute Zwanzig- und Dreissigjährige noch hat. Immer noch – oder wieder – braucht es Mut zum «Coming Out», wenn jemand/jefraud nicht im gängigen Muster heterosexueller Zweisamkeit lebt. Das macht Stücke wie «All In» (wieder) nötig.

      25.-30. April Gessnerallee

      Performance/Künstlerische Leitung : Daniel Hellmann, Layton Lachman, Anne Welenc

      Konzept: Daniel Hellmann

      Bühnenbild: Theres Indermaur

      Musik/Sound-Design: Samuel Hertz

      Licht-Design: Anna Lienert

      Kostüme: Mert Otsamo

      Dramaturgische Beratung: Wilma Renfordt

      Outside Eye: Björn Ivan Ekemark

      Produktion : Lisa Letnansky
      Diffusion : Florence Francisco / Les Productions de la Seine

      Administration: Regula Spirig
      Eine Produktion von Daniel Hellmann in Koproduktion mit Gessnerallee Zürich

      Gefördert durch: Stadt Zürich Kultur, Fachstelle Kultur Kanton Zürich, Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia, Stiftung Anne-Marie Schindler, Fondation Nestlé pour l’Art, Georges und Jenny Bloch- Stiftung

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